Eigentlich sollte eine echte – ja, hier legen wir uns fest! – Krise wie Covid-19 die Stunde der Prepper sein; alleine Vorräte um mit einem Lockdown umzugehen klingen ja recht hilfreich. Doch genau aus dieser Szene – u.a. – kommen jetzt Zweifel daß die Situation so ernst sei wie Fachleute behaupten und Forderungen nach gewohntem Zugriff auf andererleute Arbeitskraft.
Daß die rechte Szene voller weinerlicher Jammerlappen ist, die austeilen wollen, aber nicht einstecken können dürfte bekannt sein. Wie groß muß die Enttäuschung sein, daß echtes Survival eine* nicht zu* strahlenden Held* macht; in der Tat die Herausforderung teils darin liegt daß es so weitgehend unspektakulär ist.
Es wurde sich nicht auf konkrete Katastrophen, sondern auf Erzählungen und Vorstellungen von solchen vorbereitet; und kein Plan – nichteinmal ein guter – überlebt den ersten Feindkontakt. Von daher sind die – gescheiterten? – Erzählungen letztlich das Interessante hieran.
Zunächst wäre die toxische Männlichkeit zu betrachten: Sich als unabhängiges Individuum darzustellen, welches durch Härte, die sich auch in Rücksichtslosigkeit äußert nicht so verwundbar wie andere dasteht. Gepreppt werden bei dieser Deutung letztlich symbolische Härteverstärker, beispielsweise Waffen. Nun sind „materialistisch“ betrachtet Waffen aber keine Genitalverlängerungen, sondern gefährliche Gegenstände, d.h. für eine echte Waffe sollte prozedurale Vorsicht erlernt werden und verantwortungsvoller Einsatz, zumal sowohl eine zu schnell als auch eine nichteingesetzte Waffe schlimmere Folgen als keine hat.
Überleben hängt immer Verwundbarkeit zusammen; davon zu sprechen ergibt ohne keinen Sinn. Das setzt einen Umgang mit der eigenen Verwundbarkeit voraus und es bedeutet in den meisten Fällen – speziell diesem – von anderen abhängig zu sein. Ein Teil der alltäglichen Abhängigkeit läßt sich leicht verleugnen, da das gesellschaftliche Verhältnis abstrahiert durch bunt bedrucktes Papier reguliert wird. Doch zu glauben daß wenn diese gewohnten Prozesse nicht funktionieren es keine Gesellschaft gebe – oder daß es keine gebe – überschätzt dieses eine Verhältnis; und die Änderbarkeit der Verhältnisse.
In (nicht nur) dieser Krise scheinen Geduld, Solidarität und Verantwortungsbewußtsein – für sich wie andere – die entscheidenden Überlebenstugenden. Rücksichtslosigkeit scheint aber eine über bestimmte Szenen hinaus verbreitete Reaktion zu sein: Sich Vorteile auf Kosten Anderer verschaffen zu wollen. Soetwas näher zu untersuchen fällt in den hochspannenden Grenzbereich zwischen Psychologie kritishen Anspruchs, kapitalismuskritischen Gesellschaftswissenschaften und der Suche nach sinnvollen Subjekttheorien und wird uns auf diesem Blog sicherlich noch häufiger beschäftigen.
Oftmals werden diese mit „Überleben“ verbundenen Phantasien mit Ursprünglichkeitserzählungen begründet. Ganz gleich wie viele Forschungsergebnisse dagegen sprechen, „die Steinzeitmenschen“ oder „die Evolution“ dienen als Projektionsfläche und schlechte Post-Hoc Erklärungen. Dahinter könnte die Erzählung von „Kultur“ als Zähmung des an sich tierisch-bösen Menschen stehen, deren Wertung – wie es bei dieser Art von Gegensätzen oftmals passiert – umkippt. Nur wird mal wieder hier keine „Ursprünglichkeit“ befreit, sondern lediglich etwas das in einem Deutungs- und Handlungsmuster das behauptete etwas zu unterdrücken angelegt war; Foucault-Fußnote bitte selbst raussuchen.
Die Ursprünglichkeitserzählungen sind also gefährliche Wunschträume. Und wenn Überleben Verwundbarkeit und Abhängigkeit heißt, können wir in einigen Ecken feministischer Theorie deutlich nützlichere Konzepte als in der rechten Prepperszene finden; gut, letztlich überall wo Überleben ein Problem und nicht bloß eine Geschichte ist.
Dies heißt aber nicht, daß es nicht sinnvoll sein könnte für gewisse Notfälle vorbereitet zu sein. Wir können aus der Coronasituation lernen und es gibt Best Practice Empfehlungen für einige Katastrophenszenarien die sich ohne allzu viel Aufwand oder symbolischen umsetzen lassen.
Beispielsweise könnte es praktisch sein, von permanent gebrauchten, aber haltbaren Sachen die Vorräte aufzustocken. Hamsterkäufe sind ein Versuch sich Vorteile auf Kosten anderer zu verschaffen und je mehr Leute vor einem Notfall gewisse Vorräte haben desto geringer die Gefahr daß in einem solchen zu wenig verfügbar ist. Ein Nichtcoronabeispiel wäre ein „Grab & Go Bag“, also jederzeit auf ein paar unvorbereitete Übernachtungen woanders als zuhause vorbereitet zu sein, das schafft Handlungsmöglichkeiten, auch bei erfreulichen Anlässen.