Bereits auf Reisen tragen die Plüschtiere unsere Hoffnungen, Romantisierungen und Begeisterung. Eine Steigerung davon sind die Weltraumplüschies.
Raumfahrende Plüschtiere haben eine lange Tradition, so alt wie die bemannte1 Raumfahrt. So können diese die Schwerelosigkeit demonstrieren und als leichte und weiche Wesen dabei ungefährlich zu sein; Cuteness im Sinne von Harmlosigkeit hat hier also praktisch-handlungsrelevante Bedeutung. Dazu paßt, daß seit den 60ern der Comichund Snoopy mit Genehmigung des Schöpfers Charles M. Schulz als Sicherheitssymbol bei der NASA eingesetzt wird.
Mit Raumfahrt, pilotierter1 zumal, sind Hoffnungen verbunden, daß sich die Menschheit als ein Ganzes begreifen könne, Forschung zu positiven Dingen wie Erkenntnisvermehrung/Entdeckung eingesetzt werde. Zwar ließe sich dies als Gegenbild zu Ängsten vor Kernwaffen konstruieren, dieses Konstrukt müßte aber vernachlässigen daß diese durch Raketentechnik einsetzbarer wurden.
Die Raumfahrt war zunächst ein Nebenprodukt der militärischen Raketenforschung. Schlimmer noch: Mit Privatisierung der Raumfahrt und mit militärischer Nutzung des Alls, instituttionell durch die US-„Space Force“ – vorerst symbolisch – vorangetrieben ist das Thema der Territorialiserung des Alls aktueller denn je. Weltraum als Spielwiese der Wissenschaft gilt – wie im Falle des Internets – zur nostalgischen Vergangenheitsverklärung zu verkommen. Mit Haraway können wir nur darauf hinweisen, daß Cyborgs ihren Wurzeln gegenüber untreu sind und das Cyborgmanifest während Kämpfen gegen Kernkraftwerke und SDI („Star Wars“) geschrieben wurde, wir es also nicht mit einer reinen Utopie zu tun haben, sondern die Dystopie – so in Elon Musks Bioshock ähnlichen Marsbesiedlungsvorstellungen – beängstigend nahe liegt, wir uns dem widersprüchlichen Gemenge also nur mit Ironie nähern können.
„The main trouble with cyborgs, of course, is that they are the illegitimate offspring of militarism and patriarchal capitalism, not to mention state socialism. But illegitimate offspring are often exceedingly unfaithful to their origins. Their fathers, after all, are inessential.“ —Cyborgmanifest, S.10.
Auf die Frage „was tun?“ ist die erste Antwort „was tun“. Welche auswirkungen der technische „Fortschritt“ hat und in welche Richtung diese Prozesse laufen ist kein Schicksal. Aber es erfordert politisches Engagement. Der springende Punkt ist dann, daß sich nur gemeinsam die vollends verwaltete Welt bekämpfen läßt, aber dieses Sich-Organisieren eben nicht selbst dieses vollends verwaltete sein/werden soll. Nur ist der „Partiality“ teil der „postmodernen“ Antwort bei der Raumfahrt unzureichend, gerade wenn wir Ressourcen – sei es für die Raumfahrt, sei es gegen die kritisierenswerten Aspekte – bündeln wollen. Da müssen wir tiefer in die Beziehungsweisen- und Organsationsformen Werkzeugkiste greifen. Die gebotenen Optionen an Verwaltungsformen – staatliche Autorität oder „freie“ Wirtschaft“ sollten uns jedenfalls zu einem „keines davon“ anstacheln.

Es kommt auf die Gemeinschaftsformen an. Die Plüschtiere rücken wegen Covid-19 zusammen, solange wir es nicht können.
„Postmoderne“ im Sinne des Scheiterns der großen Erzählungen läßt sich so verstehen, daß diese in viele kleinere, nebeneineinander und widersprüchlich existierende zerfallen. Die praktische Seite davon wäre Standpunkttheorie und die Einsicht, daß abstrakte Gleichheitsansätze in Antidiskriminierungsfragen meist nur eine mächtige unmarkierte Position repräsentierten. Doch dies ist nur eine der vielen möglichen Erzählungen über Postmoderne und sie stößt gerade hier an eine ihrer Grenzen: Grundlagenforschung ist – gerade in der Raumfahrt – teuer und per defitionem nicht unmittelbar Nutzbringend. Auch müssen wir feststellen daß es nur genau eine Erde gibt. D.h. für die pilotierte1 Raumfahrt sollten wir eine kleine große Erzählung der Moderne bewahren. Zumal die Dystopie ja immer mitfliegt und wir das Weltraum dieser zumindest nicht kampflos überlassen sollten!2
Die praktische Seite dieser Utopie ist die ISS, in vielen Bereichen rivalisierende Staaten finanzieren die Raumstation gemeinsam, für die Astronauten scheint Nationalität eher etwas von folkloristischer Freizeitgestaltung – welches Plüschtier und welche Musik dabei ist – als lebensbestimmende Identität zu haben, denn der Alltag ist von den praktischen Anforderungen geprägt. Hier gibt es eine gemeinsame Sprache: Die Sprache der Wissenschaft.
Ein Moment, der diese Weltraumplüschutopie verkörpert wäre dieses Aufeinandertreffen alter Bekannter: Ein deutscher Astronaut bringt zwei Figuren aus der Wissenschaftskommunikationssendung „Sendung mit der Maus“ mit, ein US Astronaut wegen der tschechischen Herkunft seiner Ehefrau ein Plüschtier der Zeichentrickfigur kleinen Maulwurf, der aber auch in der Sendung mit der Maus gezeigt wurde.
„Cyborg unities are monstrous and illegitimate; in our present political circumstances, we could hardly hope for more potent myths for resistance and recoupling.“ —Cyborgmanifest S. 13.
Vielleicht sind Cyborgs dafür eine etwas technische Figuration – so würde wahrscheinlich die späte Haraway einwenden -, doch genau da kommen unsere kuscheligen Companions ins Spiel. Auch im wörtlichen Sinne: nämlich u.a. sich als Spielende begegnen, wobei die Wissenschaft ein sehr ernstes Spiel ist. Das Plüschtier kennt nicht die harte Konkurrenz, die wir sowohl in der Wirtschaft wie der Wissenschaft erleben müssen. Das Plüschtier will nicht die welt kontrollieren; und ist damit umso geeigneter sie ein kleines bißchen auszurichten: Plüschtiere an die Macht!
„Monster“ sind auch eine von Haraways wiederkehrenden Figurationen der Widerständigkeit. Gerade da wir bei einigen Themen die schrecklichen Aspekte nicht ausblenden können. Doch Monster sind auch beliebte Plüschfiguren, verlieren aber in ihrer Niedlichkeit den Schrecken.
Solange Plüschtiere mitfliegen ist materialisierte Hoffnung auf diese kleine große Utopie der Raumfahrt immernoch dabei!
1 Halt, nein, das geht so nicht! 1963 war nicht erst gestern, Mann zu sein ist keine Voraussetzung. „Crewed“ wäre zwar geschlechtneutral, aber letztlich muß sich doch auch ein deutsches Wort dafür finden lassen ohne auf Umschreibungen zurückzugreifen. Hier ist freilich entscheidend ob die Missionen beplüscht sind. Mit Rückübersetzung aus dem Russischen versuchen wir es mal mit „pilotierter“.
2 Bei Plüschtieren gilt: „I’m guided by the beauty of our weapons“!

Noch ’ne Kleinigkeit: Das aktuelle Space Plüschtier, Ty-Saurier Tremor ist im Space-X Shop deutlich überteuert, support you local store! Und falls dieser Typ vergriffen sein sollte: Es gibt so viele Plüschtierfabrikate die schon im Weltall waren …