Ein Artikel oder Vortrag kann als didaktisch gelungen gelten wenn keine verwirrenden losen Enden vorhanden sind, gerade wenn der Gegenstand vor dessen Aufarbeitung arg zerfranst wirkte. Aus sich heraus verständlich zu sein ist auch gerade für journalistische Erzeugnisse ein Qualitätsmerkmal. Daß es immer mehr gibt müßten schließlich die meisten wissen.
Doch üben wir dadurch ein Verständnis von Beschreibung und damit von Welt ein, in der es glatte Oberflächen gibt. Dies erweist sich als Hindernis zum Weiterdenken. Nicht nur fehlen die Anschlüsse – so an den losen Enden -, auch entsteht der Eindruck, das Wissen verändere sich nicht grundlegend – nur noch in Details und in der Menge – mit mehr Kenntnis. Sich mit dieser Wissensform gegenseitig Kompetenz zu simulieren ist Halbbildung, nicht halbe Bildung, sondern das Gegenteil davon. Schlechte Didaktik fördert somit im Namen der Einfachheit Halbbildung und erweckt schlimmstenfalls den Eindruck, ein Anrecht auf einfache und geschlossene Erzählungen zu haben. Dies erschwert, tiefere Kenntnisse zu erlangen und verunmöglicht schlimmstenfalls kritische Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Wissen oder reduziert solche scheinbar auf das Niveau von willkürlichen Meinungen. Von daher können auch Erwartungen nicht das entscheidende Bewertungskriterium für Didaktik sein, so verstandene „Feedbackkultur“ regelt die Qualität des Evaluierten runter, es geht ja gerade darum, daß sich die Erwartungen im Laufe des Lernprozesses ändern sollten.
Im Rhizom – das vielleicht besser durch ein Myzel figuriert würde – gibt es keinen Anfang, kein Ende, nur Mitte und Kontext. Auch wenn wir nicht ohne Emplotment auskommen, geschlossene Geschichten sind gefährlich.
Wie sehen die Alternativen aus? Komplett auf Zugänglichkeit zu verzichten wäre eine offensichtliche, aber sicherlich nicht gute Reaktion. Wenn alles mit allem verbunden ist, können wir das resultierende Gefüge nicht mehr von Entropie unterscheiden, a difference makes the difference. Also können wir – verstandene – Komplexität nur mit Komplexitätsreduktion aufbauen.
Eine Möglichkeit wäre praktizierter Antiessenzialismus: Bei möglichst vielen Konstrukten ihre Konstruiertheit – und damit auch ihre Kontingenz – durchblicken lassen, daß zu keinem Zeitpunkt der Eindruck entsteht, unser Bild von einem Gegenstand sei ein Abbild oder die Konstruktion sei eine Reibungsfreie. Ohnehin beginnt das Verständnis für ein Themengebiet erst, wenn die Fachkontroversen begriffen werden. Somit ist es auch ein Qualitätskriterium für Wissenschaftskommunikation, ob Unsicherheiten und Kontroversen vorkommen. „Forschungsstand“ und Methodenteil sind somit kein „Cargokult“, sondern Kontingenzmanagment und Öffnung der Erzählweisen.
Fazit: Auch wenn unnötige Kompliziertheit vermieden werden sollte, eine gute Darstellung sollte immer vermitteln, daß der Gegenstand komplexer ist als die Darstellung, also über sich hinausweisen. Als Modell für Lernen kann damit nicht das „Abholen“ auf einem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ gelten, Überforderung – im Optimalfall kontrollierte – ist für Lernen das diese Bezeichnung verdient nie ganz zu vermeiden.