Harte Zeiten, weiche Birne

Da der Redaktion gerade selbst der Galgenhumor auszugehen scheint und Essayismus auf Dauer auch keine Lösung ist, verlegen wir uns also auf Realsatiren.

Wahlkampf für das Studierendenparlament und heute sinkt für Sie: Das Niveau. Auch wurde selten soviel abgerissen. Dies wäre nicht so tragisch, wenn es nur die Gruppen träfe, deren aggressives Plakatieren ohnehin an Revierverhalten erinnert – Abreißen und überkleben inkl.; naja, wäre Macht mit Sichtbarkeit gleichzusetzen, würden uns spärlich bekleidete Frauen regieren.

Daß Rechtsausleger böse sind, mag vielen noch ins Weltbild passen. Über Burschenschaftler*Innen und ihre traditionelle Vertretung sei also nur gesagt, daß pflichtschießende Verbindungen das Problem lösen könnten; bei einem Schwerter-Harmageddon hätten ohnehin die Rollenspieler*Innen („Thalhoferjutsu“) und Budôka (Ken-, Iai- und Aikidô) die Oberhand.

Eine Gruppe, die eigentlich Studiengebühren befürwortet und Kooperation mit dem Präsidium bis ins Merkbefreite trieb, wirbt damit, angeblich sozial zu sein; im Wahljahr kann sich die Mutterpartei wohl nicht zuviel Wahrheit leisten. Vgl. auch „Wer hat uns verraten?“„…“.

Doch kündigt sich das voll entfaltete Ausmaß an Absurdität erst mit Personenkultbildchen und -zitaten an sich nicht uninteressanter Denker an. Da zitieren z.B. „Berufsrevolutionär*Innen“ (d.h. Revolution durch Flugblätter aus verbrauchten Textbausteinen), welche seit Jahrzehnten nichts Sinnvolles geschaffen haben einen mir vollkommen unbekannten Philosophen: Da sei die entwickelte Produktivkraft aller Individuen doch der wirkliche Reichtum (wessen?). Nungut, ob es sich überhaupt um Individuen handelt sei dahingestellt. Aus diesem Dunstkreis kommt ein weiteres Transparent mit Parole und ich überlege, ob das „gegen Dagegensein“ nicht auch mit der Parole „Gegen Parolen“ versehen werden könnte. Überhaupt interessant, diese Art des Dagegenseins abzulehnen, ohne auch nur im geringsten dafür zu sein; zweiwertige Logik reicht einfach nicht für die Absurditäten dieser Uni.

Diesem Transparent zufolge wird „Dichter und Denker“ als disjunkte Alternative zu „Richter und Henker“ genannt. Im 19. Jahrhundert konnte soetwas sogar noch vertreten werden, ohne peinlich zu sein. Stammte nicht gerade die Kritik, daß das bürgerliche Bildungsideal in gewissen („klassen“?)Interessen situiert ist von ‚linker‘ Seite? Bildungsbürgerliche Deutschtümelei mit leninistischen Methoden – nicht überall wo „links“ draufsteht ist auch links ‚drin.

3 Responses to Harte Zeiten, weiche Birne

  1. Odradek sagt:

    Einen hab‘ ich noch: Eine der letztgenannten Gruppen wirbt mit „Wer hat Zeit zum Lesen“ und einem Flugblatt, das nur angemessen kommentiert werden kann mit tl;dr.

  2. […] von mr garde Mehr zum Thema von der Redaktion siehe hier, hier und […]

  3. […] von mr garde Mehr zum Thema von der Redaktion siehe hier, hier und […]

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